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Bürgerenergie in Eidsberg: unabhängig entstanden, unabhängig von fossilen Brennstoffen und unabhängig von Preissteigerungen für Erdgas und Heizöl

Im Nebel liegt die unauffällige Werkstatt von Heizungsbauer Reinhold Branghofer, als die kleine Besuchergruppe unter der Führung von Christian Dobler vom „Klimaentscheid Deggendorf“ am Freitag Nachmittag eintritt. Nur von Nahem verrät der Hackschnitzelbunker am Ende der Zufahrt zum Grundstück, dass von diesem Gebäude mehr als die Hälfte der Wohnhäuser im Dorf Eidsberg in der Gemeinde Grafling mit Nahwärme versorgt wird.

„Ausgangspunkt war mein eigener Wohnhaus-Neubau, für den ich den Bau einer Hackschnitzelheizung überlegt habe. Nachdem zwei Nachbarn gesagt haben, sie würden mit anschließen, habe ich im Dorf herumgefragt, wer noch mit dabei wäre. Als wir die 19 Teilnehmer erreicht hatten, die wir als Schwelle für die Rentabilität ausgerechnet haben, haben wir losgelegt“, erzählt der Heizungsbauer, wie einfach der Start letztendlich eigentlich war. Der Heizölpreis lag bei diesem Start Ende 2003 noch bei etwa 40 Ct/l. „Heute, nach Anschluss von einigen weiteren Neubauten und dem Anschluss von Haushalten, für die zunächst nur Leitungen bereitgestellt wurden, sind insgesamt 38 Anwesen an die Anlage angeschlossen.“

Keine Förderung beim Aufbau der Anlage und des Netzes

Förderung für die Gesamtkosten von 320.000 € (ohne das angemietete Gebäude) gab’s damals keine. Unter anderem das mit zuletzt 1.700m zu lange Leitungsnetz fiel durch die Förderkriterien. Damit blieb die Gruppe finanziell auf sich allein gestellt. „Das langwierigste und schwierigste war eigentlich, die richtige Gesellschaftsform zu finden. Damals war die Gründung einer Genossenschaft schwierig und für uns nicht passend. Letztendlich wurde es dann mit Unterstützung einer Steuerberaterin und eines Notars eine GmbH & Co. KG, an der heute etwa 20 Gesellschafter beteiligt sind“, erklärt Ernst Herrmann, der zusammen mit Reinhold Branghofer und Hans Hammerl, der in Eidsberg eine Schreinerei betreibt, der Anlage zur Realisierung verholfen hat. Die Gesellschafter sind mit jeweils 1250 € dabei.

Ideal ist eine Ergänzung mit Solarthermie

Praktisch von Beginn der Veranstaltung an geraten die Besucher mit den Betreibern in eine intensive Diskussion – über die technischen Möglichkeiten genauso, wie auch zu der Frage, ob und wie das Modell auf andere Ortschaften übertragbar wäre. Raimund Hulke, Gemeinderat in Außernzell und ebenfalls aktiv im Klimaentscheid Deggendorf, vergleicht die Situation mit Planungen bei sich im Ort. Branghofer, der mit seinem Knowhow als Heizungsbauer sowohl den Bau wie den laufenden Betrieb der Anlage managt, bestätigt, dass die Kombination zwischen Solarthermie und Hackschnitzel-Nahwärme nochmal günstigster wäre: „Im Sommer betragen wegen der geringen Wärmeabnahme die Leitungsverluste bis zu 50 % – da wäre es sehr viel gescheiter, etwa von April bis Oktober das benötigte Warmwasser von der Sonne auf dem Dach erwärmen zu lassen, und die große Hackschnitzel-Heizanlage komplett abzuschalten.“ Und leichter tut man sich beim Start eines Nahwärmenetzes natürlich, wenn es einen oder mehrere größeren Abnehmer wie z. B. eine Schule gibt.

Versorgung mit Hackschnitzeln aus dem nahen Umfeld

Die Versorgung mit Brennstoff hat sich schnell eingespielt – zu einem aktuell konkurrenzlosen Preis, und vor allem unabhängig vom Geschehen am Erdgas- oder Heizöl-Markt. „Wir haben 6-7 Waldbauern, die uns aus der Umgebung mit Fahrwegen von wenigen Kilometern beliefern. Wir nutzen dabei auch nur einen Teil dessen, was nachhaltig im Wald zuwächst.“ Auch die Abgaswerte sind dank der modernen Brennertechnik und des Engagements von Branghofer in diesem Bereich hervorragend. Auch ohne Staubfilter werden die gültigen Abgas- und Feinstaubwerte mit weitem Abstand erfüllt. Das Holz wird dabei mit einem hohen Wirkungsgrad in Energie umgesetzt, von 100 Schüttraummetern Hackschnitzel bleiben weniger als 1 m³ Asche. Die Wärme wird vom Brenner in einen 20.000 Liter großen Pufferspeicher abgeführt und von diesem in zwei Kreisläufen in die Nahwärmeleitungen. An den Hausanschlüssen wird die Wärme dann über Wärmetauscher an die Haushalte übergeben. Für absolute Spitzenlastzeiten und als Sicherheit bei Ausfällen steht noch ein Ölbrenner bereit – im Keller der Werkstatt von Reinhold Branghuber bleibt dies alles dennoch eine insgesamt überschaubare Angelegenheit.

Möglichkeit für die Energieversorgung im Altbau-Bestand

Georg Kestel fasst für die Aktionsgruppe Klimaentscheid die Erkenntnisse aus dem höchst informativen Nachmittag in Eidsberg letztlich dann so zusammen: „Überzeugend an dem Modell ist die Versorgung aus der Region und die nachhaltige, effiziente und saubere Form der Energieerzeugung. Das Modell lässt sich wohl am leichtesten auf Altbau-Bestände übertragen. Die müssen zwar auch gedämmt werden, für viele Altbau-Häuser ist aber eine Wärmebereitstellung z. B. durch Wärmepumpen ohne einen intensiven Umbau der Gebäude oft nicht möglich.“

Nach der Weihnachtszeit, am 20 Januar 2023 ab 19 Uhr plant der „Klimaentscheid Deggendorf“ zusammen mit Hans Hammerl im Landgasthof in Eidsberg eine weitere Informationsveranstaltung zur „Bürgerenergie“. Dabei wird es um die Frage der Windenergienutzung gehen. Vorgestellt wird dazu das Modell von „Bürger-Energiegenossenschaften“. In weiteren Veranstaltungen möchte sich die Gruppe dann mit möglichen Standorten und Genehmigungsvoraussetzungen im Landkreis befassen.

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