Aktionsbündnis kritisiert Deggendorfer Brückenpläne und ruft zur Teilnahme am „Globalen Klimastreik“ am 24. September auf
Seit August sammelt das „Aktionsbündnis Klimaentscheid Deggendorf“ jeden Samstag mit einem Stand in der Stadt Unterschriften für zwei kommunale Bürgerbegehren. „Wir wollen damit erreichen, dass Stadt und Landkreis Deggendorf einen Klimaaktionsplan ausarbeiten lassen, mit dem sie bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden“, erklärt Brigitte Reinhardt aus Neuhausen-Offenberg, Vorsitzende der dortigen BUND Naturschutz Ortsgruppe die Zielrichtung der Aktion. „Die Flutkatastrophen in diesem Jahr, die Dürren in den Jahren davor oder auch die Waldbrände in Übersee und in Südeuropa zeigen, dass uns die Zeit durch die Finger rinnt und wir jetzt schnell und durchgreifend handeln müssen. Die Dringlichkeit kann jeder deutlich machen: mit seiner Unterschrift für den ‚Klimaentscheid Deggendorf‘, bei der Bundestagswahl und auch durch eine Teilnahme an der Demo zum ‚Globalen Klimastreik‘ am 24. September ab 11:30 Uhr in Deggendorf.“
In den per Bürgerbegehren geforderten „Aktionsplänen“ sollen u. a. für Haushalte, Verwaltung, Gewerbe und Industrie bzw. für „alle relevanten Handlungsfelder“ wie z. B. Bauen, Wohnen, Arbeiten, Freizeitgestaltung, Verkehr, Energieerzeugung, Land‐ und Forstwirtschaft die jeweils möglichen und notwendigen Maßnahmen beschrieben werden. „Der Trick dabei ist, dass sich die Stadt selbst diesen Plan vorgibt. Wir könnten natürlich auch jeweils zu Einzelmaßnahmen Bürgerbegehren initiieren – aber pro Begehren kann immer nur ein einzelnes Anliegen behandelt werden, und bei von außen vorgeschlagenen Maßnahmen kann es außerdem sehr schnell heißen: ‚können wir nicht, dürfen wir nicht, können oder dürfen wir nicht finanzieren‘. Diese Stolpersteine fallen mit einem von der Stadt bzw. dem Landkreis selber beauftragten, und von einem qualifizierten Büro erstellten Plan weg“, meint Reinhardt. „Wie wir jetzt erfahren haben, gibt es dazu wohl auch eine Fördermöglichkeit von Seiten des Bundes-Umweltministeriums.“
Auch an den kommenden Samstagen werden Mitglieder des Bündnisses wieder am Infostand stehen, am 18.09. am Luitpoldplatz (auf Höhe Veilchengasse / Hermann K). In der Gruppe sind u. a. Fridays for Future, Parents for Future, BUND Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz, Vertreter von ÖDP und Grünen sowie Einzelpersonen aktiv. Die Idee geht auf die bundesweite Aktion „Germanzero“ zurück. Aktuell laufen unter diesem Dach in rund 50 Kommunen ähnliche Aktionen.
Die vor wenigen Tagen vorgestellten Pläne für eine dritte Autobrücke in Deggendorf halten die Aktivisten in Bezug auf Verkehr und Klimaschutz für einen „Irrweg aus dem letzten Jahrhundert“. „Die Absicht, in Deggendorf Millionen Euro für eine dritte Brücke für den Autoverkehr auszugeben zeigt, dass die Dringlichkeit des Klimaschutzes noch nicht überall in der Deggendorfer Politik angekommen ist“, erklärt Klaus von Eichhorn für die Deggendorfer Parents for Future. Eine solche Baumaßnahme würde beim Bau enorme CO2-Mengen freisetzen und letztlich zu noch mehr Auto-Verkehr führen. Es hat sich einfach schon vielfach bewahrheitet: ‚Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten‘. „Es ist ein Armutszeugnis, dass selbst naheliegende Alternativen zur Verkehrsbewältigung, wie Bus, Bahn oder Fahrrad und E-Bike noch nicht einmal in Betracht gezogen werden, genauso wenig wie z. B. die Möglichkeiten für einen verstärktem Einsatz von Homeoffice“, meint von Eichhorn.
Georg Kestel, Vorsitzender der Kreisgruppe Deggendorf des BUND Naturschutz bittet auch angesichts dieser Pläne, die Bürgerbegehren zu unterstützen. „Nur mit einem eindeutigen Fahrplan, der auf Null abnehmende Emissionen bis 2035 vorgibt, können wir die bisher zum Klimaschutz vorherrschenden Lippenbekenntnisse überwinden und zu einem echten Wandel kommen. In diesem Zuge müssen dann auch Bauprojekte mit tausenden Tonnen an klimaschädlichem Beton, wie die Brückenpläne oder auch am Klosterberg auf den Prüfstand.“ An den Brückenplänen lässt die Gruppe überhaupt nur einen positiven Effekt gelten: „Das Projekt zeigt immerhin, dass für den Klimaschutz genügend Mittel verfügbar sind. Wer einplanen kann, viele Millionen Euro für eine Brücke auszugeben, kann auch Klimaschutzmaßnahmen finanzieren“, erklärt Klaus von Eichhorn dazu.
Um zum nächsten Schritt, einem Bürgerentscheid, zu kommen, braucht das Bündnis für die Stadt Deggendorf etwa 1800 Unterschriften, für den Landkreis gut 4800. „In der Stadt haben wir etwa 500 Unterschriften beieinander, für den Landkreis sind es gut hundert mehr“, rechnet die Aktionsgruppe vor. „Für die bisherige Sammlung, die fast ausschließlich über den Infostand und in der Ferienzeit lief, ist das ein hervorragender Start.“ Auch in ersten Geschäften in der Stadt und im Landkreis sind mittlerweile ebenfalls Mappen mit Listen zu finden, weitere Geschäfte und z. B. Arztpraxen wollen die Aktivisten in den nächsten Wochen ansprechen. Für den eigenen Ausdruck können die Listen zudem von der Webseite heruntergeladen werden, die die Gruppe gerade aufbaut (klimaentscheid-deggendorf.de). „Wir freuen uns aber natürlich auch über jeden, der die Begehren tatkräftig unterstützen möchte. Interessierte können uns jederzeit direkt am Stand ansprechen oder uns unter klimaentscheid@degnet.de eine Mail schreiben“, erklären die Vertreter der Aktionsgruppe. Auch für eine finanzielle Unterstützung, etwa zu den Druckkosten, ist die Gruppe dankbar. Spenden erreichen die Aktion mit dem Stichwort „Klimaentscheid Deggendorf“ über das Konto des BUND Naturschutz Deggendorf (DE98 7415 0000 0380 0150 57) und sind steuerlich abzugsfähig.