Auch der dritte Teil der Onlinevortragsreihe zum Klimaschutz am vergangenen Dienstag, diesmal zum Thema Windenergie, war mit fünfzig Teilnehmern wieder gut besucht.
Es begann wieder Georg Kestel für den Klimaentscheid Deggendorf mit einer kurzen Einführung zu der Aktionsgruppe, die in Stadt und Landkreis per Bürgerbegehren für professionelle Klimaneutralitätskonzepte mit Zieljahr 2035 wirbt. Neben der Präsentation einer Vielzahl an regional bei uns bereits erlebbarer Folgen, verwies er auch auf den im Jahr 2015 für das gesamte Landkreisgebiet bereits erstellten Energiemasterplan. „Der Plan bietet eine nützliche und hochinteressante Basis , um sich über die lokale Energie und Wärmeversorgung kundig zu machen“, erklärte der Vertreter des Bündnisses, zugleich Vorsitzender der Kreisgruppe Deggendorf des BUND Naturschutz. Beispielsweise wurde der Wärmebedarf im Landkreis Deggendorf zum Erstellungszeitraum der Analyse 2015 zu 29,7% durch Erdöl und zu 61% durch Erdgas gedeckt, was in Anbetracht des russischen Überfalls auf die Ukraine nun noch mehr in den Fokus rückt.
Im Anschluss starteten die etwa 50 Online-Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die gerade in den letzten Wochen wieder heiß diskutierte Thematik Windenergie. Dazu begrüßte die Vorsitzende der katholischen Erwachsenenbildung, Brigitte Eichinger, den Referenten Martin Geilhufe, Landesbeauftragter beim BUND Naturschutz in Bayern.
Dieser begann seinen Vortrag mit einem Hinweis auf das historischen Zeitfenster, mit der Chance, noch gerade rechtzeitig den nötigen Wandel einzuleiten. “Lokale Initiativen, die den Klimaschutz voranbringen, sind genau das, was wir dazu jetzt brauchen“
Auch Martin Geilhufe brachte einige bedeutende Aspekte zum Klimawandel in Bayern mit, wie den bayrischen Klimareport, der schon jetzt Gegenden mit mehr als 2°C Temperaturerhöhung verzeichnet, etwa in Unterfranken. Er fuhr fort mit dem Hinweis auf die Gletscherschmelze und das neu eingesetzte Waldsterben, in Zukunft noch bedeutendere Elemente in unserer Region. Sehr eindrucksvoll war auch die Gegenüberstellung des international aufgesetzten Hilfsfonds zum Ausgleich der Klimafolgen (100 Mrd.€) mit dem in Deutschland allein nach den Starkregenereignissen im vergangenen Juli aufgesetzten Hilfsfond von 30 Mrd. €.
Für die Erfüllung des von Deutschland unterzeichneten Pariser Klimaschutzabkommens stehen Bayern bei einem Budgetansatz ab 2020 noch 650 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente zur Verfügung, spätestens bis 2040 muss Klimaneutralität erreicht werden.
Erster Schritt dazu muss nach Geilhufe konsequentes Energiesparen sein. „Eine Studie im Auftrag des BUND Naturschutz zeigt, dass eine Energieversorgung mit 100% erneuerbaren möglich ist. Voraussetzung ist aber eine Halbierung des heutigen Energieverbrauches durch Einsparung.“
Um dann den Energiebedarf zu decken , muss auch in Bayern die Windenergie mehr als bisher genutzt werden – eine Energieform, die im Vergleich besonders wenig Fläche beansprucht: nach Hochrechnungen müssen dafür etwa 2% der Landfläche genutzt werden (zum Vergleich: selbst im ländlich geprägten Niederbayern sind aktuell mehr als 11 % der Fläche durch Siedlungen und Verkehrsflächen belegt). In Bayern, insbesondere in Niederbayern, ist man aber selbst von einer moderaten Nutzung der Windenergie weit entfernt. Das ist allerdings nicht dem Mangel an geeigneten Standorten, sondern vor allem dem politischen Willen anzukreiden. Nach der Einführung der 10H-Regelung kam der zunächst auch von Markus Söder vehement unterstützte Ausbau völlig zum Erliegen, von jahrelang dreistelligen Zahlen an Neuanlagen bis zum letzten Jahr, in dem kein einziges Windrad ans Netz ging. Dabei ist Windkraft nicht nur flächeneffizient und extrem kostengünstig, sondern senkt auch Strompreis und Importabhängigkeit. An guten Windtagen deckt die aktuell installierte Leistung tatsächlich bereits den deutschen Strombedarf und lässt die Börsenstrompreise deutlich sinken.
„Eine große Schwierigkeit der Energiewende jedoch ist, dass Energieerzeugung nun wieder sichtbar wird und damit oft neu verhandelt werden muss. Der Knackpunkt dabei ist, die Bürger und Bürgerinnen zu beteiligen, sie zu informieren und mit ins Boot zu holen, sei es durch Investitionen zum Beispiel in Energiegenossenschaften oder durch Gemeindewindräder, die am Ende kommunale Aufgaben wie eine Kindergartenrenovierung finanzieren können,“ stellte Geilhufe außerdem fest.
Ein anderer Punkt, der auch innerhalb des BUND Naturschutz verhandelt wird, ist der Konflikt zwischen Natur- und Klimaschutz, d.h. vor allem den Tod von Wildvögeln durch Windräder.
Die meisten der in dieser Debatte wiederholt aufgeführten geschützten Arten weisen allerdings in den letzten Jahren, trotz dem Zubau von Windrädern in der Vergangenheit, steigende Bestände auf, dazu kommt das Verhältnis zu anderen Todesarten wie Jagd durch Hauskatzen, Straßenverkehr, Tod an Fensterscheiben etc. Es laufen außerdem diverse Projekte bis hin zur Nutzung von Flugabwehrsensoren, um technische Lösungen zum Schutz der Tiere zu entwickeln. Weitere Zweifel und Unsicherheiten haben sich im Laufe der Zeit einfacher erledigt, so wurde z.B. ein Fehler von Faktor 1000 in den Daten des Wirtschaftsministeriums zum Infraschall gefunden. Tatsächlich ist der Lärm eines Windrads einschließlich Infraschall ab 700 Meter Entfernung kaum mehr messbar.
Der Abend schloss mit einem interessanten Austausch sowie der Betrachtung der Standortbedingungen für die Windnutzung und möglicher Standorte im Landkreis. Für alle, die sich weiter informieren wollen, gab Geilhufe den Teilnehmern als Positivbeispiele in Bayern etwa Wilpoldsried und Fuchstal in Oberbayern mit auf den Weg.
Weiter geht es dann am Dienstag, den 8.3. mit „Zum Verbrennen zu schade: Potenziale der Biomüll-Vergärung“ vom Referenten Josef Metzger, Beginn wie immer um 19:00 Uhr, Anmeldung über die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Deggendorf via E-Mail keb.deggendorf@bistum-passau.de oder Tel. 09901 / 6228