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Energie aus Deggendorf für Deggendorf

Am 17. Oktober 2025 konnten wir gut 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu unserer 4. Infrastrukturkonferenz im Kolpingsaal im Stadthotel Deggendorf begrüßen.

Im Mittelpunkt der Konferenz standen drei Fachbeiträge zu den Themen Energiesysteme der Zukunft, Stromspeicher und Energiemanagement sowie dynamische Stromtarife (die Präsentationen zu den Vorträgen finden Sie weiter unten zum Download.). Hinzu kam ein Beitrag von Hans Hammerl als Einladung zu einem ersten Treffen auf dem Weg zur Gründung einer Bürgerenergie-Genossenschaft. Geplant ist dieses Treffen am 14. November ab 18 Uhr im Dorfgasthaus Kraus in Eidsberg / Grafling.

Zum Auftakt gab Romy Stetter vom Klimaentscheid Deggendorf einen Einblick in die Arbeit des Aktionsbündnisses, das sich seit 2021 für ein klimaneutrales Deggendorf bis 2035 engagiert. Dabei setzte sie sich auch kritisch mit dem Integrierten Klimaschutzkonzept der Stadt Deggendorf auseinander.

In ihrer Stellungnahme forderte sie mehr Verbindlichkeit, ambitioniertere Zielsetzungen, einen stärkeren Fokus auf regionale erneuerbare Energien sowie eine breitere Beteiligung der Bürgerschaft. Die unzureichende Zielschärfe im Konzept – es nennt das Jahr 2045, obwohl der Stadtratsbeschluss vom Dezember 2021 die Klimaneutralität bereits bis 2035 vorsieht – verlangt nach Aufklärung.

Durch ihre anschließende souveräne Moderation gelang es Romy Stetter, Information, Diskussion und Inspiration auf gelungene Weise zu verbinden.

Ehrung für Georg Kestel

Ein emotionaler Höhepunkt des Abends war die Ehrung von Georg Kestel, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Deggendorf und Mitinitiator des Klimaentscheid Deggendorf, im Nachgang an die ihm kürzlich verliehene Bayerische Staatsmedaille für herausragende Verdienste um Natur, Umwelt und Klimaschutz. In ihrer Laudatio würdigte Cornelia Vogl-Dobler insbesondere sein jahrzehntelanges Engagement für die frei fließende Donau. Wo andere längst aufgeben würden, mache Georg Kestel mit fachlichem Wissen, Beharrlichkeit und beeindruckendem persönlichem Einsatz weiter.

Prof. Dr.-Ing. Volker Lenz, Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ; Online-Vortrag): Energiesysteme für die Zukunft – wissenschaftlicher Weckruf zur Klimaneutralität

Im ersten Fachbeiträge sprach Prof. Dr.-Ing. Volker Lenz vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig. In seinem Online-Vortrag „Energiesysteme für die Zukunft“ stellte er klar: Deutschland muss spätestens bis 2035 klimaneutral sein, um die im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarte Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad überhaupt noch erreichen zu können.

Lenz verwies auf das vom Bundesverfassungsgericht bestätigte nationale Restbudget an Treibhausgasemissionen, das bei gleichbleibenden Emissionen bereits bis 2028 aufgebraucht wäre. „Wir dürfen nicht mehr darüber diskutieren, ob die Energiewende kommt – sondern nur noch, wie schnell und wie konsequent sie umgesetzt wird“, mahnte er.

Als zentralen Schlüssel nannte Lenz die Sektorkopplung – also die intelligente Verbindung von Strom, Wärme und Mobilität. Nur durch ein integriertes Energiesystem könnten Flexibilität, Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz gleichzeitig erreicht werden.

Biomasse habe dabei eine wichtige, aber gezielte Rolle: nicht als Massenenergieträger, sondern als strategischer Baustein in Bereichen, die sich nicht elektrifizieren lassen – etwa in der Hochtemperaturwärme, der Chemieindustrie oder im Luft- und Schiffsverkehr.

Darüber hinaus plädierte Lenz für eine massive Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, einen konsequenten Netzausbau und eine klare politische Kommunikation: „Unser Grundgesetz verpflichtet uns zum Ausstieg aus fossilen Energien bis spätestens 2035 – und damit zum entschlossenen Handeln heute.“

Franz-Josef Feilmeier, Fenecon GmbH, Deggendorf: Speicher und Energiemanagement – Innovation aus Niederbayern

Im zweiten Vortrag präsentierte Franz-Josef Feilmeier, Gründer und Geschäftsführer der FENECON GmbH mit Sitz in Deggendorf und Iggensbach, die Rolle von Stromspeichern und Energiemanagementsystemen als Fundament der Energiewende.
FENECON, ein eigentümergeführtes Familienunternehmen mit über 350 Mitarbeitenden, gilt europaweit als Innovationsführer für Batteriespeicher und wurde mehrfach als „Innovator des Jahres“ ausgezeichnet.

Feilmeier zeigte eindrucksvoll, wie sich mit der Kombination aus Speichertechnik, intelligenter Steuerung und Open-Source-Software (OpenEMS) die Energieversorgung völlig neu denken lässt. Das hauseigene FENECON Energy Management System (FEMS) agiert als „Gehirn“ moderner Energiesysteme: Es analysiert Wetterprognosen, Strompreise und Verbrauchsdaten und steuert Batterien, Photovoltaikanlagen, Wallboxen oder Wärmepumpen optimal im Viertelstundentakt.

„Die Zukunft liegt nicht in der Maximierung der Stromerzeugung, sondern in der zeitlich intelligenten Nutzung von Energie“, so Feilmeier. Er erläuterte, wie sich mit dynamischen Stromtarifen und prognosebasiertem Management sowohl Eigenverbrauchsquoten steigern als auch Netzkosten senken lassen.

Ein besonderer Schwerpunkt seines Vortrags lag auf dem Thema Second-Life-Batterien:
Durch die Wiederverwendung hochwertiger Fahrzeugbatterien könne Deutschland rasch zusätzliche Speicherkapazität aufbauen und gleichzeitig Ressourcen schonen: „Batterien leben länger als Autos. Es ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll, funktionierende Speicher zu verschrotten, während neue Batterien importiert werden.“

Mit dem Ziel „Energiemanagement und Speicher an jedem Netzanschluss“ forderte Feilmeier schließlich eine politische und gesellschaftliche Strategie, die Energiespeicher als selbstverständlichen Bestandteil jeder Infrastruktur verankert.

Christian Dobler, Klimaentscheid Deggendorf: Dynamische Stromtarife – der Verbraucher als aktiver Teil der Energiewende

Im dritten Fachbeitrag stellte Christian B. Dobler vom Klimaentscheid Deggendorf die Chancen und Herausforderungen dynamischer Stromtarife vor.

Seit dem 1. Januar 2025 sind Stromanbieter verpflichtet, mindestens einen solchen Tarif anzubieten – Grundlage ist § 41a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Dobler erklärte, dass sich bei diesen Tarifen der Strompreis viertelstündlich nach Angebot und Nachfrage an der Strombörse richtet. So wird Strom automatisch günstiger, wenn viel Wind- oder Solarstrom im Netz ist – und teurer, wenn fossile Kraftwerke einspringen müssen.
Dieses Preissignal schaffe Anreize, den Stromverbrauch – etwa das Laden eines E-Autos oder das Heizen mit Wärmepumpen – gezielt in günstige Zeiten zu verlagern.

Er betonte die Bedeutung intelligenter Messsysteme (Smart Meter) und digitaler Vernetzung: „Dynamische Tarife machen den Strommarkt transparent. Sie zeigen, wann Energie wirklich grün und günstig ist – und ermöglichen es jedem, aktiv Teil der Energiewende zu werden.“

Dobler kritisierte zugleich, dass lokale Versorger – darunter auch die Stadtwerke Deggendorf – die gesetzlichen Vorgaben nur zögerlich umsetzen: Hier müsse die regionale Energiebranche transparenter und serviceorientierter werden.

Bürgerenergie als nächste Etappe

Zum Abschluss der Konferenz stellte Hans Hammerl die Idee einer Bürgerenergie-Genossenschaft vor. Ziel sei es, Bürgerinnen und Bürger aus der Region aktiv an der lokalen Energieerzeugung zu beteiligen und gemeinsam erneuerbare Projekte umzusetzen.
Hammerl lud alle Interessierten herzlich zu einem ersten Treffen am
14. November 2025 ab 18 Uhr im Landgasthaus Kraus in Eidsberg (Gemeinde Grafling) ein.

In der abschließenden Diskussion wurde auch ein relativierender Einwand zum Optimismus hinsichtlich der geplanten Gründung einer Bürgerenergie DonauWald geäußert: der erwartende Gegenwind beim Thema Windkraft. Hans Hammerl hielt dagegen, dass es Mut und Gestaltungsfreude brauche, um den Weg in eine klimafreundliche Energiezukunft erfolgreich zu beschreiten.

Fazit und Ausblick

Die 4. Infrastrukturkonferenz Deggendorf zeigte eindrucksvoll, wie sich wissenschaftliche Expertise, technologische Innovation und bürgerschaftliches Engagement ergänzen können.

Alle Referenten waren sich einig: Die Energiewende ist machbar – wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam handeln.

Programm zur 4. Infrastrukturkonferenz:

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